WIRTSCHAFTSSPIEGEL - Ausgabe 05/23

9 Foto: Paul-Philipp Braun angespannt. Energiepreise, Inflation, schwindende Kaufkraft, Fachkräftemangel, Transformation sind die beherrschenden Themen. Aber auch die überbordende Bürokratie wurde immer wieder beklagt. Oft höre ich die bange Frage: Wie kann die Transformation in Deutschland gelingen, ohne die industrielle Basis des Standorts und seine Wettbewerbsfähigkeit zu beschädigen? Mein Appell an die Bundesebene: Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, niedrigere Netzentgelte und verlässliche, kostengünstige Energie- versorgung mit grüner Energie. Gute Rahmenbedingungen sind besser als Förderprogramme, die Unternehmen wollen nicht auf Geldgeschenke angewiesen sein, sondern eine verlässliche Perspektive haben. Dennoch, wir brauchen auch weiterhin Förderinstrumente, die den Unternehmen helfen, die enormen Kosten der Dekarbonisierung zu stemmen. Dazu zählt für mich ein Industrie- oder Brückenstrompreis, der aber nur dann eingeführt werden darf, wenn der Mittelstand gleichzeitig entlastet wird. Nötig sind gezielte Förderinstrumente auf Bundesebene, die die Unternehmen dabei unterstützen, in erneuerbare Energien und effizientere Verfahren und Produkte zu investieren. Allein in Thüringen sind dafür bis 2045 nach Hochrechnungen unserer Dekarbonisierungsstudie jährlich bis zu 380 Millionen Euro erforderlich. Das ist eine gewaltige Herausforderung. Wir bieten in Thüringen neben günstigen Krediten Förderung über die Gemeinschaftsaufgabe GRW, über das Programm InnoInvest oder über den Dekarbonisierungsbonus. Welche Botschaft konnten Sie den Unternehmen mitgeben? Wir stehen an der Seite der Unternehmen. Beim Jahresempfang der IHK Ostthüringen hat der sonst sehr kritische Präsident Dr. Ralf-Uwe Bauer das Vorgehen des Landes und speziell des Wirtschaftsministeriums in höchsten Tönen gelobt, ungewöhnlich, aber wohltuend. Das Land macht seine Hausaufgaben. Wir haben aus dem Sondervermögen des Landes ein Hilfspaket für die Wirtschaft im Umfang von 230 Millionen Euro geschnürt. Darin sind Krisenhilfen enthalten, aber auch Mittel für Zukunftsinvestitionen. Wenn die Nachfrage nach Krisenhilfe so verhalten bleibt wie im Moment, werden wir zusätzliche Mittel in die langfristigen Investitionsprogramme umschichten können. Wir planen, das Eigenkapital der Thüringer Aufbaubank um 50 Millionen Euro zu erhöhen, um zusätzliche Darlehensprogramme für Energie- und Klimaschutzinvestitionen zu hebeln. Und wir haben den Dekarbonisierungsbonus von 15.000 auf 100.000 Euro Zuschuss pro Projekt erhöht. Das sollte helfen, noch mehr Investitionen in Gang zu setzen. Was nehmen Sie für Ihre politische Arbeit der nächsten Monate mit? Haben wir neue Initiativen von Ihnen zu erwarten? Ein paar Beispiele: Wir bereiten neue Calls für Forschungs- und Entwicklungsprojekte vor, wir bekommen Schub in den Breitbandausbau, die Erarbeitung der neuen Tourismusstrategie beginnt, wir arbeiten an Förderrichtlinien für die Dekarbonisierung von kleinen und großen Gewerbegebieten, wir treiben unsere Fachkräfteanwerbung über das Dehoga- und erweiterte Vietnamprojekt voran, genauso wie die sogenannte German Professional School zur Gewinnung von Azubis aus dem Ausland. Ich reise nach Südafrika und Namibia, um den Wasserstoffstandort Thüringen zu präsentieren und Möglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit auszuloten. Die Unternehmen erwarten trotz des bevorstehenden Wahljahres eine sachliche, problemlösungsorientierte Arbeit, einen verlässlichen Rahmen und natürlich auch, dass sich Regierung und Opposition im Landtag auf einen Haushalt für das kommende Jahr einigen. Dazu werde ich meinen Teil beitragen. (tl) Interview: Torsten Laudien

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